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Universitätsklinik Balgrist Zentrum für Paraplegie Grundlagen, Diagnostik und Therapie
von Funktionsstörungen des Urogenitaltraktes nach
für Pflegende und interessierte Patienten
Jörg Henauer, Dr. med. Jsabella Frei, HöFa I unter Mitarbeit von Ulrich Mehnert, Dr. med., Jens Wöllner, Dr. med. und Thomas M. Kessler, PD Dr. med. Version 4 – Januar 2011 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, Forchstrasse 340, 8008 Zürich



Zentrum für Paraplegie

Wichtig:

Dieses Informationsdossier hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll
lediglich einen informativen Überblick zum Thema neurogene Funktionsstörungen
des Urogenitaltraktes, deren Diagnostik, Komplikationen und Therapie bieten. Dieses
Dossier ersetzt für den Patienten keinesfalls das Gespräch mit einem spezialisierten
Arzt. Vielmehr kann es als Information und Vorbereitung auf ein Arztgespräch
dienen. Des Weiteren dient es als Information für Pflegende, die in diesem Bereich
arbeiten oder sich dafür interessieren.
Wie jede Wissenschaft ist auch die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen.
Forschung und klinische Erfahrungen erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere
im Bereich der medikamentösen Therapie. Weitergehende Angaben über erwähnte
Medikamente sind aus den Beipackzetteln, resp. entsprechender Literatur zu
entnehmen.
Bei professionellem Einsatz unseres Dossiers bitten wir um Rücksprache.

2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 1 Jsabella FREI und Jörg HENAUER



Zentrum für Paraplegie

Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS. 2
1 DER UNTERE HARNTRAKT. 4
2 BLASENFUNKTIONSSTÖRUNGEN NACH SCHÄDIGUNG DES
RÜCKENMARKS . 5

2.1 AKONTRAKTILE (AREFLEXIVE) BLASE NACH SPINALEM SCHOCK. 5 2.2 AKONTRAKTILE (AREFLEXIVE) BLASE NACH SAKRALER/INFRASAKRALER LÄSION . 6 2.3 ÜBERAKTIVE (HYPERREFLEXIVE) BLASE (DETRUSORÜBERAKTIVITÄT) . 6 2.4 GEMISCHTE BLASENFUNKTIONSSTÖRUNG . 9 KOMPLIKATIONEN . 9
3.1 HARNWEGSINFEKTE (HWI) . 9 Infektprophylaxe. 9
Infekttherapie. 10
3.2 STEINLEIDEN (LITHIASIS). 10 Allgemeine Risikofaktoren für Harnsteinbildung. 11
Typische Symptome . 11
Diagnostik . 11
Therapie . 12
3.3 VESICOURETERALER REFLUX (URINRÜCKFLUSS IN DIE HARNLEITER): . 12 Typische Symptome . 12
Therapie . 12
3.4 AUTONOME DYSREFLEXIE. 13 Typische Symptome . 14
Sofortige Massnahmen . 14
3.5 HARNINKONTINENZ NEBEN DEM DAUERKATHETER. 14 SPÄTKOMPLIKATIONEN. 15
4.1 HYDRONEPHROSE (CHRONISCHE HARNSTAUUNGSNIERE) . 15 Symptome . 15
Therapie . 15
4.2 NIERENINSUFFIZIENZ (NIERENVERSAGEN) . 15 Symptome einer chronischen Niereninsuffizienz . 15
Symptome eines akuten Nierenversagens . 16
Wichtige Hinweise. 16
PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG DER BLASENREHABILITATION . 16
MÖGLICHE FORMEN DER BLASENENTLEERUNG . 16 ALLGEMEINE ZIELE BIS ZUM AUSTRITT. 16 5.1 BLASENENTLEERUNG IM SPINALEN SCHOCK (WOCHE 0 – 12) . 17 5.2 BLASENENTLEERUNG IN DER AKUTPHASE (WOCHE 12 BIS 24). 17 5.3 BLASENENTLEERUNG IN DER SPÄTPHASE . 18 Willkürliche Blasenentleerung. 18
Intermittierender Selbstkatheterismus (ISK). 18
Klopfblase . 18
Urinausscheidung über alternative Harnableitungen . 19
POTENZ UND FERTILITÄT. 19
URODYNAMISCHE/UROLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN DER BLASE . 20
7.1 CYSTOMANOGRAMM (CMG, BLASENDRUCKMESSUNG, URODYNAMIK) . 20 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 2 Jsabella FREI und Jörg HENAUER



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7.2 EISWASSERTEST UND CARBACHOLTEST . 21
7.3 MIKTIONSCYSTOURETHROGRAMM (MCU). 22
7.4 UROFLOWMETRIE (HARNSTRAHLMESSUNG) . 22
7.5 INTRAVENÖSE PYELOGRAPHIE (IVP, AUSSCHEIDUNGSUROGRAPHIE) . 23
7.6 UROLOGISCHER ULTRASCHALL (SONOGRAPHIE DER NIEREN, BLASE, HODEN, PROSTATA) . 23
7.7 ZYSTOSKOPIE (BLASENSPIEGELUNG). 24
7.8 URETHROGRAPHIE (KONTRASTMITTELDARSTELLUNG DER HARNRÖHRE). 24
BECKENBODENTRAINING . 24
MEDIKAMENTÖSE THERAPIEN . 25
9.1 ZUR BERUHIGUNG DER BLASE (REDUZIERUNG VON KONTRAKTILITÄT UND TONUS DES DETRUSORS).
25 9.2 ZUR AKTIVIERUNG DER BLASE (ERHÖHUNG DES DETRUSORTONUS) . 25 9.3 ZUR VERBESSERUNG DES HARNABFLUSSES . 26 9.4 ZUR ERHÖHUNG DES TONUS DER GLATTEN MUSKULATUR VON HARNRÖHRE UND BLASENHALS / 9.5 ZUR ERHÖHUNG VON TONUS UND KONTRAKTILITÄT DES HARNRÖHREN - SCHLIESSMUSKELS. 26
9.6 ZUR PROPHYLAXE VON HARNWEGSINFEKTEN . 27
9.7 ZUR LANGZEITPROPHYLAXE VON HARNWEGSINFEKTEN . 27
9.8 ZUR BEHANDLUNG THERAPIERESISTENTER SPASTISCHER BLASENFUNKTION: BOTULINUMTOXIN A. 27
10 OPERATIVE MASSNAHMEN .28
10.1 OPERATIONEN ZUR REDUKTION DES AUSLASSWIDERSTANDES. 28
10.2 OPERATIONEN ZUR ERHÖHUNG DES AUSLASSWIDERSTANDES. 28
10.3 SUBURETHRALE BANDOPERATION (TVT / TOT). 29
10.4 OPERATIONEN DER UNTEREN HARNWEGE ZUR HARNABLEITUNG BEI THERAPIEREFRAKTÄRER
DETRUSORÜBERAKTIVITÄT. 29 10.5 NEUROSTIMULATION ODER NEUROMODULATION . 30 10.5.1 Sakrale Deafferentierung mit Implantation eines Vorderwurzelstimulators (nach
Brindley):
. 30

10.5.2 Sakrale Neuromodulation: . 31
10.5.3 Pudendusstimulation . 31
ANHANG . 32
11.1 KATHETERISIEREN BEI MÄNNERN DURCH DRITTPERSONEN (ASEPTISCH). 32 11.2 KATHETERISIEREN BEI FRAUEN DURCH DRITTPERSONEN (ASEPTISCH). 33 11.3 SELBSTKATHETERISMUS DER MÄNNER (ASEPTISCH). 34 11.4 SELBSTKATHETERISMUS DER FRAUEN (ASEPTISCH). 35 11.5 VERBANDWECHSEL BEIM SUPRAPUBISCHEN KATHETER (CYSTOFIX®). 36 11.6 DAUERKATHETERPFLEGE. 37 11.7 KATHETERFIXATION. 37 11.7.1 Katheterfixation bei der Frau: . 37
11.7.2 Katheterfixation beim Mann: . 37
11.8 DIE GEBRÄUCHLICHSTEN KATHETER® UND GLEITMITTEL® IM ZENTRUM FÜR PARAPLEGIE BALGRIST . 38 11.8.1 Dauerkatheter. 38
11.8.2 Einmalkatheter ohne Gleitmittel. 38
11.8.3 Einmalkatheter mit integriertem Gleitmittel . 38
11.8.4 Einmalkathetersets . 38
11.8.5 Gleitmittel. 38
11.9 NERVENVERSORGUNG DER BLASE . 39
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1 Der untere Harntrakt

Der untere Harntrakt (Abb. 1) umfasst die Harnblase (Vesica) mit Blasenhals, die
Harnröhre (Urethra), den Harnröhrenschliessmuskel (Sphinkter urethrae) und beim
Mann zusätzlich die Prostata.
Ein funktionsfähiger unterer Harntrakt erfüllt zwei wichtige Funktionen:
¾ Die kontinente (d. h. ohne ungewollten Urinverlust) Speicherung von Urin bei niedrigem Druck innerhalb der Harnblase. ¾ Die möglichst komplette willentliche Entleerung des Blaseninhaltes zum gewünschten Zeitpunkt. Die Funktionen des unteren Harntraktes werden von komplexen nervalen Zentren in Rückenmark, Hirnstamm und Hirnrinde gesteuert, wobei in der Hirnrinde die bewusste Wahrnehmung von Harnblasen-sensationen stattfindet und über eine willkürliche Entleerung der Blase entschieden wird. Das Speichervolumen einer „gesunden" Blase kann stark variieren (350 - 550 ml), hängt aber auch vom Trainingszustand im Alltag ab. Einen Einfluss auf die Häufigkeit der Blasenentleerung haben neben der Kapazität u. a. die Trinkmenge, der vegetative Status (z. B. Stress), oder der Urinstatus (z. B. Infekt). Ein erster Harndrang wird bereits deutlich vor dem Erreichen der maximalen Blasenkapazität verspürt. Die Harnblase sendet Abb. 1: Schematische Darstellung des oberen (Nieren und Harnleiter) und des unteren Harntraktes (Blase, Harnröhre, Signale an das Gehirn, welche die Schliessmuskel) bei einer Frau. Person veranlassen sollen, eine Toilette aufzusuchen. Bei einer gesunden Blase kann dieser erste Harndrang problemlos unterdrückt und die Entleerung hinausgeschoben werden. Je länger der Harndrang allerdings unterdrückt wird, desto intensiver und schmerzhafter wird das Dranggefühl und desto dringender der Wunsch, auf die Toilette zu gehen. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 4 Jsabella FREI und Jörg HENAUER



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Bei der Blasenentleerung zieht sich der Blasenmuskel (Detrusor) zusammen,
während sich gleichzeitig Blasenhals und Harnröhrenschliessmuskel entspannen.
Durch dieses synergetische Zusammenspiel von Blase und Verschlussapparat wird
eine Ausscheidung des Urins über die Harnröhre ermöglicht.
Zieht sich der Blasenmuskel nicht richtig zusammen, öffnet sich der Blasenhals und /
oder Schliessmuskel nicht vollständig, oder führt eine vergrösserte Prostata zu einer
Einengung der Harnröhre, kann es zu einer unvollständigen Blasenentleerung mit
Restharnbildung kommen.
Die Folgen einer vermehrten Bildung von Restharn sind:
¾ Abnahme der funktionellen Blasenkapazität (weniger Platz für die erneute Füllung) und damit werden häufigere Entleerungen notwendig. ¾ Zunahme von Harnwegsinfekten (Bakterienvermehrung im Resturin) ¾ Bildung von Blasensteinen aus Urinkristallen im Sediment (Infektsteine)
Eine Funktionsstörung des unteren Harntraktes (z. B. Inkontinenz, Reizblase,
Infektionen) ist nicht nur sehr lästig, sondern häufig mit einer deutlichen
Einschränkung der Lebensqualität verbunden. Zusätzlich können neurogene
Blasenfunktionsstörungen (z. B. bei Querschnittlähmung, Multiple Sklerose, u. a.) in
bestimmten Fällen und ohne adäquate Therapie zu wesentlichen gesundheitlichen
Schäden führen (z. B. Nierenschädigung bei Rückfluss oder Rückstau des Urins in
die Nieren).
2 Blasenfunktionsstörungen
nach Schädigung des Rückenmarks
In Abhängigkeit von der Höhe, dem Ausmass und dem Zeitpunkt nach Schädigung des Rückenmarks werden verschiedene Typen der Blasenfunktionsstörungen definiert. Die Diagnostik der verschiedenen Funktionsstörungen erfolgt durch entsprechende urodynamische und neuro-urologische Untersuchungen. 2.1 Akontraktile (areflexive, schlaffe) Blase nach spinalem Schock Durch eine akute Schädigung des Rückenmarkes (z. B. nach einem Unfall) kommt es zunächst zum Erliegen aller Willkür- und Reflexfunktionen unterhalb des Verletzungsniveaus. pontines Zentrum Da während des spinalen Schocks auch die Harnblase erschlafft ist und nicht mehr Miktionszentrum sakral selbständig entleert werden kann, soll frühzeitig eine künstliche Harnableitung mittels Katheters eingesetzt werden, um eine Blasenüberdehnung zu verhindern. Obwohl sich dafür durchaus auch transurethrale Dauerkatheter eignen, ist ein suprapubischer Katheter vorzuziehen. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 5 Jsabella FREI und Jörg HENAUER



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Dieser hat den Vorteil einer längeren Verweildauer und lässt im weiteren Verlauf
Beurteilungen bezüglich Ausmass einer möglichen Inkontinenz zu.
2.2 Akontraktile (areflexive, schlaffe) Blase nach sakraler/infrasakraler

Bei der akontraktilen Blase nach sakraler/infrasakraler Läsion ist die
Nervenverbindung zwischen Blase und den für die Blase relevanten Nervenzentren
im sakralen/unterhalb des sakralen Rückenmark aufgehoben (z. B. Cauda equina
oder periphere Nerven sind zerstört). Damit sind die spinalen Reflexbögen von Blase
zum Rückenmark eingeschränkt, respektive ganz unterbrochen (Läsion vom Typ des
unteren motorischen Neurons
). - Bei dieser Form der Blasenfunktionsstörung gibt es
kaum oder wenig Veränderung zum Blasenstatus während des spinalen Schocks.
Da sowohl die Verbindung zum Hirnstamm und Hirnrinde, als auch der Reflexbogen
unterbrochen sind, zeigt der Blasenmuskel (Detrusor) keine Reaktion. Die Blase füllt
sich, bleibt jedoch schlaff und kann sich nicht mehr entleeren. Wird dies aufgrund
einer fehlenden oder eingeschränkten Blasensensibilität nicht rechtzeitig erkannt,
kann es zu einer Überdehnung der Blase kommen.
Allerdings kann es bei Läsionen von peripheren Nerven auch zur Schädigung von
Nerven des Schliessmuskels und damit zu dessen Funktionseinschränkung
kommen. Dies hätte zur Folge, dass die Kontinenz nicht mehr gewährleistet ist und
die Blase, obwohl sie schlaff ist, ab einem bestimmten Füllungsvolumen „ausläuft".
Therapie: intermittierendes Katheterisieren auf Druckgefühl.
Wird die Blasenfüllung nicht verspürt, Entleerung nach festen Zeiten (3 bis 6 stündlich), abhängig von Trinkmenge und Blasenvolumen. 2.3 Überaktive (hyperreflexive) Blase (Detrusorüberaktivität) Hier besteht eine Lähmung vom Typ des oberen motorischen Neurons (bei Läsionen des Rückenmarks ab Th10 aufwärts). Die spinalen Reflexbögen von Blase zum sakralen pontines Zentrum Rückenmark sind unverletzt geblieben, es fehlt jedoch die Koppelung an den Hirnstamm und die Hirnrinde. Dadurch entsteht eine Miktionszentrum sakral sogenannte „autonome" Harnblase. Bei fehlender oder auch eingeschränkter Blasensensibilität ist eine koordinierte Speicherung und Entleerung nicht mehr möglich. Im Gegensatz zur schlaffen Blase, sind hier die spinalen Reflexbögen zur Blase noch intakt und aktiv. Auf jeglichen Reiz hin kann sich die Blase reflexartig und unkoordiniert (Detrusorüberaktivität) zusammenziehen mit resultierender Inkontinenz. Besteht neben der Detrusorüberaktivität der Blase gleichzeitig auch eine spastische Funktionsstörung des äusseren Blasenschliessmuskels, wird in der urodynamischen 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 6 Jsabella FREI und Jörg HENAUER



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Untersuchung eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie diagnostiziert. Daraus folgen
eine Behinderung des Urinabflusses, Restharnbildungen und hohe Druckwerte in der
Blase während der Speicherphase.
Im weiteren Verlauf führt dies zu:
- Verformung der Harnblase, Ausbildung von Ausbuchtungen (Pseudodivertikeln
- /Divertikeln) (Abb. 2)
- Reduzierung der Blasenkapazität bis hin zur „Schrumpfblase"
- vermehrten Infektionen wegen erhöhtem Restharn
- Rückfluss von Urin in die Nieren und schliesslich Druckschädigungen der Nieren
- Aufsteigende Infektionen in die Nieren
- bei Männern: Infektionen der Prostata, Samenwege und Hoden durch Restharn
und Rückfluss von Urin (Abb. 2 und 3). Pseudodivertikel Abb. 2: Radiologisches Bild einer überaktiven Harnblase mit deutlicher Deformierung, vielen Pseudo - divertikeln, geöffnetem Blasenhals, Kontrastmittelansammlung in der Prostata durch hohe intravesikale Drücke und Rückfluss von Kontrastmittel in das Drüsengewebe der Prostata. Der Schliessmuskel ist dyssynerg, so dass es zu hohen Druckwerten in der Blase kommt. Der Schliessmuskel liegt bei dieser Abbildung auf Höhe der Symphyse (Schambein), wo auch der Drucksensor der urodynamischen Messsonde zu sehen ist. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 7 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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Abb. 3: Radiologisches Bild einer überaktiven Harnblase mit weit geöffnetem Blasenhals, dilatierter
Prostataloge und Kontrastmittelanreicherung in den Samenblasen beidseits. Ursache ist eine Detrusor –
Sphinkter-Dyssynergie. Der Schliessmuskel beginnt genau dort, wo die Kontrastmittelfahne nach der
Prostataloge abbricht.
Therapie: wichtigste therapeutische Ziele sind eine kontrollierte und vollständige
Blasenentleerung (ggf. mittels intermittierendem Katheterismus), die Reduzierung der hohen Druckwerte in der Blase, die Reduzierung der Detrusorüberaktivität und die Verbesserung/Wiederherstellung der Blasen -kapazität. ¾ bei fehlender Blasenempfindung: intermittierendes Katheterisieren nach festen Zeiten (alle 3 bis 6 Stunden) ¾ bei zumindest leichtem Empfinden für die Blasenfüllung: intermittierendes Katheterisieren nach Blasengefühl 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 8 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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2.4 Gemischte Blasenfunktionsstörung
Diese besteht, wenn sowohl Anteile zentraler und peripherer Nervenschädigung
vorliegen und eine einfache Zuordnung in die Kategorien „oberes" oder „unteres
Motoneuron" nicht möglich ist. Es finden sich beispielsweise in der urodynamischen
Untersuchung sowohl Anzeichen für eine periphere Nervenschädigung (schlaffer
Sphinkter) wie auch Anzeichen für eine Läsion des oberen Motoneurons (überaktiver
Detrusor).
Die Form der gemischten Blasenfunktionsstörung findet sich häufig bei Läsionen des
Rückenmarks im Bereich des thorakolumbalen Übergangs (Th11 - L3). Je nach
Lokalisation und Ausdehnung der Läsion (bezüglich der lumbalen und sakralen
Segmente und Nervenwurzeln) stellen sich verschiedene Mischformen ein.
Therapie: Da hier verschiedene Blasenfunktionsstörungen vorliegen können,
muss nach genauer Abklärung ein individuelles Therapieschema festgelegt werden.
3 Komplikationen

3.1 Harnwegsinfekte (HWI)
Zu den häufigsten Komplikationen bei einer gelähmten Blase zählen wiederkehrende
Harnwegsinfekte. Hinweise auf einen Infekt ergeben sich beim Auftreten von einem
oder mehreren der folgenden Symptome:
- vermehrter
unwillkürlicher Urinabgang (Inkontinenz) - vermehrte erkennbare Sedimente im Urin - Urin riecht auffällig unangenehm und/oder ist sehr trüb (milchig) - Brennen beim spontanen Wasserlassen; Flankenschmerzen (bei erhaltener - ev. Fieber und Reduktion des Allgemeinzustandes
Lediglich positive Infektzeichen auf dem Urinstäbchen (z. B. positiver Nitrit,
Leukozyten) ohne Symptome sind noch kein Grund für eine Therapie.
Während die obigen Symptome lästig sind und meistens mit einfachen Massnahmen
(aufgeführt unter 3.1.1 Infektprophylaxe) behoben werden können, ist das Auftreten
von Fieber eine Bedrohung für den ganzen Organismus.
Harnwegsinfekte sollten jedoch grundsätzlich vermieden werden. Dazu ist aber eine
konsequente Infektprophylaxe notwendig.
3.1.1 Infektprophylaxe
- Einhaltung des festgelegten Therapie- und Katheterisierungsschemas
- sauberes
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- Ausreichende Trinkmenge (mindestens 2 Liter pro Tag); Nieren-/ Blasentee
- Vermeidung von Unterkühlung im Bereich von Becken und Nierenregion (Gefahr:
wird bei fehlender Sensibilität evtl. nicht wahrgenommen) - Verwendung von harnansäuernden Substanzen: Acimethin - Verwendung von Substanzen, die die Anhaftung von Bakterien im Urogenitaltrakt erschweren oder verhindern und eine Ausscheidung von Keimen erleichtern: Preiselbeersaft oder Preiselvit-Tabletten, D-Mannose Pulver zum Auflösen - Verwendung von regelmässigen Blasenspülungen mit oder ohne antibakterielle
3.1.2 Infekttherapie
Bei einem HWI ohne Fieber ist zuerst ein Behandlungsversuch mit den unter
Prophylaxe aufgezählten Massnahmen angezeigt. Da sich der Infekt vor allem auf
die Blase, resp. deren Inhalt beschränkt, reicht dies zur Behandlung der Symptome
meistens aus. Auf Antibiotika sollte verzichtet werden, da deren unnötiger und
häufiger Einsatz rasch zu vermehrter Resistenzbildung der Keimflora führen kann.
Bei fehlendem Ansprechen auf diese Massnahmen oder bei einem HWI mit Fieber
ist eine antibiotische Therapie (oral oder intravenös) gemäss ärztlicher Verordnung
und bevorzugt nach Erhalt des mikrobiologischen Befundes mit Angabe von
Keimspektrum und Antibiogramm einzuleiten. Bei hohem Fieber (>39°C):
unmittelbarer Therapiebeginn mit einem Breitspektrum-Antibiotikum.
Beachte:
Die grösste Gefahr bei Harnwegsinfekten ist eine aufsteigende Infektion mit
Beteiligung der Nieren und evtl. Übertritt von Bakterien in die Blutbahn (Bakteriämie).
Besonders gefährdet dafür sind Patienten, die einen schlecht therapierten
überaktiven Detrusor mit hohen intravesikalen Drücken und/oder einen
vorbestehenden vesicoureteralen Reflux (Rückfluss von Urin aus der Blase in die
Harnleiter bis evtl. zu den Nieren) haben. Hier stehen Symptome wie hohes Fieber
und Abgeschlagenheit im Vordergrund. Im schlimmsten Fall kann es zur Ausbildung
einer Urosepsis (Blutvergiftung durch Keime aus dem Urogenitaltrakt) kommen.
Neben Fieber und Schüttelfrost treten schockartige Kreislaufsymptome mit
Blutdruckabfall, Tachykardie und Hyperventilation auf.
Patienten mit einer Urosepsis sind schwerst krank und bedürfen einer sofortigen
Hospitalisation.
3.2 Steinleiden (Lithiasis)
Konkremente (Steine) im Harntrakt bilden sich zum allergrössten Teil aus kristallinem
Material im Urin und können im gesamten ableitenden Harnwegssystem auftreten.
Befindet sich ein Fremdkörper im Harntrakt (Katheter) bilden sich daran leicht
Verkrustungen, die die Steinbildung auslösen können. Daher müssen Katheter, wenn
sie über längere Zeit liegen, regelmässig gewechselt werden.
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Neben einer genetischen Beeinflussung spielen spezielle Ernährungsgewohnheiten,
Trinkmenge und bestimmte Erkrankungen (z. B. der Nebenschilddrüse) eine
entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Urinsteinen.
Es bestehen unterschiedliche Arten von Harnsteinen:
- Kalziumoxalat
(häufigste Steinart, röntgendicht) - Magnesiumammoniumphosphat (Struvit, röntgendicht, „Infektsteine") - Harnsäure (bilden sich bei sehr saurem Urin, nicht röntgendicht) - Kalziumphosphat - Zystin (seltenste Steinform, nur gering röntgendicht)
Häufige Ursache von Steinbildung nach einer Querschnittlähmung sind
rezidivierende oder chronische Harnwegsinfekte und erhöhte Kalziumausscheidung
bei lähmungsbedingtem Knochenabbau (Kalziumphosphat Steine).
3.2.1 Allgemeine
Risikofaktoren für Harnsteinbildung
Flüssigkeitsaufnahme - übermässige Einnahme von tierischem Eiweiss - Getränke mit erhöhtem Oxalat oder Kohlenhydratgehalt (z. B. Tee, Kaffee, Cola) - „stehender" Urin (z. B. Restharn, Harnstauungsniere) - zuviel purinhaltige Nahrungsmittel (u.a. Innereien) in Kombination mit sehr saurem Urin (pH < 5.8) - Stoffwechselerkrankung mit erhöhter Ausscheidung von Aminosäuren - Fremdkörper im Harntrakt - bestimmte Darmerkrankungen mit erhöhter Absorption von Oxalat - Störung des Kalzium-Phosphat-Haushaltes mit erhöhter Kalziumausscheidung (z. B. Überfunktion der Nebenschilddrüse)
3.2.2 Typische
Symptome
- kolikartige (krampfartige) intensive Schmerzen in einer Flanke (in der Regel bei Uretersteinen) mit Schmerzausstrahlung in den Genitalbereich Schmerz im Nierenlager (Nierensteine oder Harnstauung) - Blutbeimengung im Urin durch Verletzungen der Schleimhaut - rezidivierende - Reizung der Blase mit Überaktivität des Detrusors und evtl. Inkontinenz
- Übelkeit, Erbrechen, allgemeine Unruhe, autonome Dysreflexie
- Infekt mit Fieber, Schüttelfrost (Pyelonephritis = Nierenbeckenentzündung)
3.2.3 Diagnostik
- Röntgen-Abdomenübersicht (nicht alle Steine sind sichtbar, siehe oben)
- Nierenultraschall (Steine = dunklen Schatten), Ausschluss Stauungsniere
- Ausscheidungsurographie
- Computertomographie oder Magnetresonanztomographie 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 11 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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3.2.4 Therapie
Je nach Grösse und Lokalisation der Steine:
- Trinkmenge erhöhen und ausschwemmen, ggf. medikamentöse Therapie
- orale oder lokale Chemolitholyse (Auflösen der Steine mit Kalziumzitrat bei
kleinen Harnsäure- und Zystinsteinen) - Zertrümmerung durch extrakorporale Stosswellenlithotripsie (ESWL)
- endoskopische Entfernung oder Zertrümmerung
- offene Operation zur Steinentfernung (bei grossen Nieren- oder Blasensteinen)
Bei grösseren Steinen (ab5 mm), Harnstauungsniere, nicht medikamentös
therapierbaren Koliken und Schmerzen oder fieberhaften Harnwegsinfekten kann
nicht auf eine spontane Ausschwemmung gewartet werden, sondern es sollte eine
rasche Steinentfernung erfolgen.
Bei Harnstauungsniere muss möglichst rasch eine Entlastung entweder mittels
Ureterkatheter (Doppel-J) oder Nephrostomie (Punktion und Katheterisierung der
Niere im Flankenbereich) erfolgen.
3.3 Vesicoureteraler Reflux (Urinrückfluss in die Harnleiter):
Beide Harnleiter verlaufen kurzstreckig innerhalb der Blasenwand. Dadurch wird
dieser Abschnitt bei einer Kontraktion der Harnblase komprimiert und ein Rückfluss
von Urin in die Harnleiter verhindert.
Bei Detrusorüberaktivität und begleitender Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie kann der
erhöhte Blasendruck den Verschlussdruck der Ureteren überschreiten und Urin in die
Harnleiter zurückdrücken. Ein chronischer Zustand führt zu einer Zerstörung des
Verschlussmechanismus. Damit fliesst Urin ungehindert in die Harnleiter zurück (s.
Abb. 4). In der Folge kommt es zu einer Dilatation des Nierenbeckens und des
Nierenkelchsystems mit Druckschädigung des Nierengewebes und langfristig zu
einer Einschränkung und gegebenenfalls Verlust der Nierenfunktion.
Weiterhin besteht durch den Reflux die Gefahr des Aufsteigens von Keimen in die
oberen Harnwege und damit zu Niereninfekten (Pyelonephritis) und ev. zu einer
Urosepsis (Blutvergiftung).
3.3.1 Typische
Symptome
o stechendes oder dumpfes Ziehen in der Flanke o rezidivierende o Fieber, allgemeine Schwäche, Krankheitsgefühl (bei Nierenbeckenent-
Die Diagnose wird mittels radiologischer Untersuchung (Cystographie, MCU =
Miktionscystourethrographie; siehe Abb. 4) oder auch mit Ultraschall (dilatiertes
Nierenbeckenkelchsystem) gestellt.
3.3.2 Therapie
¾ Wiederherstellung der Blase als Niederdruck-Reservoir (z. B. mittels Katheter, oraler Medikamente, Blasenwandinjektionen mit Botulinumtoxin, Reduktion 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 12 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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des Auslasswiderstandes mit Lähmung oder Durchtrennung des Schliess- muskels oder Einlage eines Harnröhren-Stents) ¾ Unterspritzung der Harnleiteröffnungen ¾ Bei völlig deformierter und konservativ unbeeinflussbarer Harnblase ist meist ein operativer Umbau der unteren Harnwege, ggf. mit Neuimplantation der Harnleiter, notwendig. Abb. 4: Röntgendarstellung der Harnblase und des Reflux in die Harnleiter beidseits während einer Zystographie. 3.4 Autonome Dysreflexie Bei allen Läsionen des Rückenmarks oberhalb Th6 können eine Dehnung oder Reizung der Eingeweide/Hohlräume (z. B. Verstopfung, übervolle Blase vesicoureteraler Reflux, Gallenblasenentzündung, bei einer urodynamischen Untersuchung) oder auch Reizungen der Haut (z. B. Dekubitus) eine sogenannte autonome Dysreflexie auslösen. Diese ist durch eine überschiessende Aktivität des sympathischen Nervensystems gekennzeichnet, die zu einer gefährlichen Erhöhung des Blutdrucks führt. Da die autonome Dysreflexie fast ausschliesslich bei Rückenmarksläsionen oberhalb von Th6 auftritt, lässt dies darauf schliessen, dass die sympathische Innervation aus den Segmenten unterhalb von Th6 einen entscheidenden Einfluss auf die 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 13 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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Regulierung des Blutdrucks hat. Eine Läsion oberhalb dieser Segmente führt zu
einer Entkoppelung der zentralen Steuerung und schliesslich zu der beschriebenen
überschiessenden reflektorischen sympathischen Antwort mit hohem
Blutdruckanstieg. Durch den intakten parasympathischen Vagusnerv erfolgt dann
eine Gegenregulation, die zu einer ausgeprägten Pulsverlangsamung führt.
Eine starke autonome Dysreflexie muss unverzüglich behandelt werden, wobei vor
allem der auslösende Reiz zu beseitigen ist.
3.4.1 Typische
Symptome
- Pulsverlangsamung - nach initialer Blässe, Schwitzen im Bereich oberhalb der Läsion - Rötung des Gesichts - starke, pulsierende Kopfschmerzen - deutlicher Blutdruckanstieg - Gänsehaut
- selten: epileptiforme Krampfanfälle und Hirnblutungen
3.4.2 Sofortige
Massnahmen
- Beseitigung des auslösenden Reizes (da meist eine Dehnung der Harnblase die Ursache ist → Einmalkatheterismus) - Darmkontrolle - gegebenenfalls medikamentöse Senkung des Blutdrucks Beachte: eine autonome Dysreflexie ist ein medizinischer Notfall!
⇒ Wenn sich der Blutdruck folglich nicht normalisiert: sofort Arzt informieren.
3.5 Harninkontinenz neben dem Dauerkatheter
Bei einer überaktiven Blase und liegendem transurethralem Dauerkatheter kann in
bestimmten Fällen trotzdem Urin (entlang dem Katheter) austreten. Ausgelöst wird
dies z. B. durch Infektionen, Blasensteine, eine unzureichende Therapie der
Detrusorüberaktivität oder durch den Dauerkatheter selbst.
Es hat daher wenig Sinn den Dauerkatheter durch einen anderen DK mit grösserem
Durchmesser zu ersetzen, sondern hier muss die Ursache der Inkontinenz behandelt
werden (Infekttherapie, Behandlung der Detrusorüberaktivität).
Ähnliches gilt für Patienten, die trotz eines suprapubischen Dauerkatheters (Cystofix)
aus der Harnröhre Urin verlieren. Ein offen abgeleiteter Cystofix ist keine Garantie
dafür, dass es nicht zur Inkontinenz über die Harnröhre kommen kann. Auch
Dislokationen, Verstopfungen oder Knickbildung können zu einem Abflusshindernis
führen und so eine Inkontinenz auslösen. Ebenso wie beim transurethralen
Dauerkatheter kann auch eine Infektion, eine überaktive Blase oder der
suprapubische Katheter selbst Grund für die Inkontinenz sein.
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4 Spätkomplikationen

4.1 Hydronephrose (chronische Harnstauungsniere)
Durch eine chronische Behinderung des Harnabflusses (z. B. bei Dyssynergie,
Kompression von aussen, Ureter- oder Blasensteinen, Ureterspasmen) kann es zu
einem Rückstau in die Nieren kommen. Die permanente Überdehnung der
Nierenhohlräume über Monate oder sogar Jahre hat eine irreversible Erweiterung
des Nierenbeckens und der Kelche sowie einen druckbedingten Schwund des
Nierengewebes zur Folge. Die Nieren verlieren ihre Filterfunktion und es kommt zur
Niereninsuffizienz (siehe unten). Je nach Ausprägung der Hydronephrose kann im
Blut ein erhöhter Kreatininspiegel festgestellt werden.
In früheren Jahren war dies eine der häufigsten Todesursachen bei
Querschnittgelähmten.
Eine Hydronephrose wird bildgebenden mit: Ultraschall, MCU (s. 7.3) oder
Computertomographie des Abdomen diagnostiziert.
4.1.1 Symptome
- bei schleichendem Verlauf häufig symptomfrei
- dumpfe Flanken- oder Oberbauchschmerzen
- kolikartige
- bei lang andauernder eingeschränkter oder aufgehobener Nierenfunktion, können Zeichen der Urämie auftreten: Übelkeit, Erbrechen, allgemeines Krankheitsgefühl
4.1.2 Therapie
So früh wie möglich ist die Stauungsursache zu beheben, resp. mittels speziellem
Katheter der Harnabfluss wieder zu gewährleisten und damit die Nieren zu entlasten.
4.2 Niereninsuffizienz (Nierenversagen)
Bei wiederholten oder chronischen Nierenbeckenentzündungen (Pyelonephritiden)
und/oder Harnstauungen mit Aufdehnung der Nierenhohlräume, kann eine Störung
der Nierenfunktion (chronische Niereninsuffizienz) eintreten. Wird nicht rechtzeitig
eine geeignete Therapie begonnen und für einen Schutz des oberen Harntraktes
gesorgt, kommt es zum Nierenversagen.
4.2.1 Symptome einer chronischen Niereninsuffizienz
- Vermehrte
Urinausscheidung verminderter Filterfunktion (abnormes Urinsediment) - Leistungsminderung und Schwäche - Bluthochdruck - Gewichtsanstieg Ödemen (Wassereinlagerungen) Erbrechen und Durchfälle, Juckreiz Atemluft mit Uringeruch 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 15 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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4.2.2 Symptome eines akuten Nierenversagens
- Übelkeit
- Ermüdbarkeit, Somnolenz, Verwirrtheit
- ev. Oligurie (wenig Ausscheidung von Urin) oder Anurie (keine Ausscheidung)
- ausgeprägte
4.2.3 Wichtige
Hinweise
Bei Funktionsverlust einer Niere kann die verbleibende gesunde Niere die Arbeit von
beiden übernehmen.
Ein Nierenversagen kann nicht nur durch Reflux, verstopfte Harnleiter oder
wiederholte Nierenbeckenentzündungen verursacht werden, sondern auch durch
verschiedene Erkrankungen der Nieren selbst und durch äussere Einflüsse, wie z. B.
die Einnahme von bestimmten Medikamenten (meistens über längere Zeit und mit
falscher, zu hoher Dosierung).
Auch bestimmte Kontrastmittel können in seltenen Fällen eine Einschränkung der
Nierenfunktion verursachen.
5 Praktische Durchführung der Blasenrehabilitation

Diese ist abhängig vom Typ der Blasenfunktion, resp. Blasenfunktionsstörung (siehe
unter 2.) und der damit verbundenen Form der Entleerung.
Mögliche Formen der Blasenentleerung
- willkürliche
Blasenentleerung - intermittierendes Selbstkatheterisieren - intermittierendes Fremdkatheterisieren - suprapubischer (= SPK, z. B. Cystofix®) - Dauerkatheter in der Urethra (möglichst nur perioperativ oder als Übergangslösung für wenige Tage) - Klopfblase (mit Kondomurinal für Männer) Allgemeine Ziele bis zum Austritt - selbständige Handhabung der Blasenentleerung - möglichst vollständige Blasenentleerung - bei willkürlicher Entleerung oder Klopfen: minimaler Restharn (50 - 100ml) und - Erhaltung der Harnkontinenz - Vermeiden Harnwegsinfekten - Gewährleistung der Sterilität bei IK/ISK - Trockenhalten der Haut - Kenntnis über Material und Bezugsquellen 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 16 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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5.1 Blasenentleerung im spinalen Schock (Woche 0 – 12)
Der DK, resp. Cystofix bleibt so lange offen, bis eine ausgeglichene
Flüssigkeitsbilanz erreicht wird (d. h. ca. 6 Wochen). Die Trinkmenge wird auf 2 - 2,5
Liter pro 24 h angesetzt.
Anschliessend Beginn mit Blasentraining (s. 5.2).
5.2 Blasenentleerung in der Akutphase (Woche 12 bis 24)
1.
DK/Cystofix tagsüber 3 stündlich abklemmen, nachts offen an Ableitung. Bei ausgeglichener Ausfuhr (d. h. innerhalb von 3 h bis 400 ml, innerhalb von 6 h bis 500 ml): DK ziehen resp. Cystofix abklemmen und Miktionsversuch a) kein Urin lösbar ¾ Blasenfüllung mit US alle 3 Stunden nach fixen Zeiten kontrollieren (7.00/ 10.00/ 13.00/ 16.00/ 21.30/ 24.00/ 4.00) wenn über 400 ml → IK wenn unter 400 ml → US-Kontrolle nach 1 Std. ¾ spätestens nach 6 Stunden IK ¾ bei Volumen > 500 ml → IK b) Urin spontan lösbar ¾ Restharn bei US-Kontrolle über 150 ml → IK ¾ nach 6 Stunden erneuter Miktionsversuch mit anschliessendem US Bei chronischem Restharn über 150 ml ist 1 bis 2 x pro Tag IK angezeigt. a. unkontrollierter Urinabgang (Passivurin) ¾ Überprüfen des Therapieschemas ¾ Ausschluss Harnwegsinfekt ¾ US: Ausschluss Überlaufblase ¾ Rücksprache mit Neuro-Urologie (Überaktivität?) Bei geklärter Situation: Urinalkondom für Männer Beachte: Dieses Schema ist nicht starr und es kann jederzeit zu Abweichungen kommen, da jeder Querschnitt anders ist und daher auch andere Auswirkungen auf die Funktion des unteren Harntraktes haben kann. Wichtig ist eine gute Dokumentation der Ein-/Ausfuhr (Flüssigkeitsbilanz) Bei allfälligen medizinischen oder urologischen Problemen muss der DK bei Männern ev. bis zur Klärung belassen werden. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 17 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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5.3 Blasenentleerung in der Spätphase
5.3.1 Willkürliche
Nach jeder willkürlichen Blasenentleerung: Kontrolle mittels Ultraschall.
Zielsetzung bis zum Ende der Rehabilitation:
- schmerzfreie und zügige Miktion
- geringer Restharn (0 - 150 ml)
- falls nötig zusätzlich 1 - 2 x ISK pro Tag
- Vermeidung von Harnwegsinfekten
5.3.2 Intermittierender Selbstkatheterismus (ISK)
Wenn eine willkürliche Entleerung der Harnblase nicht mehr möglich ist, ist der ISK
der anzustrebende Goldstandard der Blasenentleerung bei neurogener
Blasenfunktionsstörung. Die Blasenentleerung mittels ISK erfolgt entweder nach
Füllungsgefühl (direkt oder indirekt) oder nach konstantem Schema.
Zielsetzung bis zum Ende der Rehabilitation:
- selbständiges Beherrschen einer Technik zur Durchführung des ISK
- Möglichkeit zur Testung verschiedener Kathetertypen
- 4 - 6 x ISK pro Tag
- Vermeidung von Harnwegsinfekten
- auf ausreichende und regelmässige Flüssigkeitszufuhr achten
- Kenntnis über Material und Bezugsquellen
Beachte: ISK kann nur bei ausreichender visueller, kognitiver und manueller
Fähigkeit durchgeführt werden. Bei Frauen sollte zusätzlich eine adäquate passive
Beweglichkeit im Becken und Beinbereich bestehen.
5.3.3 Klopfblase
Damit ein Patient mit einer Klopfblase versorgt bleiben kann, ist sicherzustellen, dass
der Urin widerstandsfrei aus der Blase fliessen kann. Gegebenenfalls müssen
operative Massnahmen durchgeführt werden (siehe dazu 10.1).
Patienten mit Klopfblase sind häufig inkontinent und benötigen in Folge dessen in der
Regel ein Kondomurinal. Somit bleibt diese Art der Blasenentleerung für Männer
vorbehalten.
Abklärung: Blasenentleerung durch 3 stündlich Klopfen und Ultraschallkontrolle
- kein Erfolg beim Klopfen (kein Urin): → ISK/IK bei Blasenfüllung über 400 ml
- Erfolg beim Klopfen: → Kontrolle Restharn. Falls über 150 ml: ISK/IK
Zielsetzung bis zum Ende der Rehabilitation:
- selbständiger Umgang mit dem Beklopfen der Blase und dem Kondomurinal
- minimaler Restharn (50 - 100ml)
- falls nötig: 1 - 2x ISK/IK pro Tag
- Vermeidung von Harnwegsinfekten
- auf ausreichende und regelmässige Flüssigkeitszufuhr achten
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5.3.4 Urinausscheidung über alternative Harnableitungen
Sollten die oben erwähnten Entleerungstechniken aus bestimmten medizinischen
oder sozialen Gründen nicht durchführbar sein, besteht die Möglichkeit einer
Urindauerableitung über einen suprapubischen oder transurethralen Katheter. Zur
Vermeidung einer Schrumpfblase sollte diese Ableitung zeitlich begrenzt offen sein.
Der Cystofix muss alle 6 - 8 Wochen gewechselt werden.
Weitere Informationen zur Dauerkatheterpflege und zum Verbandwechsel beim
suprapubischen Katheter finden sich im Anhang.
6 Potenz
Fertilität
Durch eine Querschnittlähmung kann die sexuelle Körperfunktion gestört sein und es muss mit einem neuen Körpergefühl, einer neuen Körperwahrnehmung umgegangen werden. Im Verlauf der Rehabilitation wird sich herausstellen, welche Funktionen noch vorhanden sind, aber auch welche Bedürfnisse bestehen. Dies braucht viel Geduld und offene Gespräche mit dem Partner. Eventuell vorhandene Ängste und Unsicherheiten können zusätzlich durch Beratungsgespräche abgebaut werden. Bei eingeschränkter männlicher Potenz bestehen verschiedene Therapieformen, die auf individueller Basis besprochen und dann ggf. angewendet werden können: - Tabletten, so genannte PDE-5 Hemmer (u. a. Viagra®, Levitra®, Cialis®) - Penisprothese - Vakuumpumpe mit Penisring
Für Frauen kann es bei fehlender oder reduzierter Befeuchtung der Scheide sehr
nützlich sein, ein Gleitmittel zu verwenden, um Verletzungen der Vaginalschleimhaut
beim Geschlechtsverkehr zu vermeiden.
Die weibliche Fertilität (Fruchtbarkeit) und der Hormonzyklus werden durch eine
Querschnittlähmung nicht verändert. Grundsätzlich ist eine Schwangerschaft
möglich, sollte aber ärztlich engmaschig begleitet werden. Je nach Lähmungshöhe
ist jedoch ein „Kaiserschnitt" zur Erleichterung des Geburtsvorganges angezeigt.
Lediglich direkt nach der Querschnittlähmung kann es zu einer Phase kommen, in
der die Monatsblutung ausbleibt. Dies normalisiert sich in der Regel nach wenigen
Monaten.
Bezüglich der männlichen Fertilität wurde festgestellt, dass die Qualität der
Spermien (besonders deren Beweglichkeit und Form) nach einer
Querschnittlähmung innert Tagen bis Wochen abnimmt und später ein Plateau
erreicht, von dem ab sich keine weitere Verschlechterung ergibt. Wie stark die
Abnahme der Spermaqualität ausfällt ist sehr unterschiedlich und die genaue
Ursache des Qualitätsverlustes ist noch nicht gänzlich geklärt.
Wenn Kinderwunsch besteht, sollte mittels eines Spermiogramms die tatsächliche
Spermaqualität untersucht werden, um zu beurteilen, auf welche Weise eine
Schwangerschaft am erfolgversprechendsten erreicht werden kann.
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Zur Durchführung eines Spermiogramms muss frisches Sperma gewonnen und
innerhalb 1 Stunde in einem entsprechenden Labor untersucht werden. Wenn ein
spontaner Samenerguss nicht mehr möglich ist, kann dieser mit Hilfe einer Vibro-
oder Elektroejakulation in den meisten Fällen ausgelöst werden.
Je nach Resultat des Spermiogramms, stehen verschiedene Wege zu einer
erfolgreichen Schwangerschaft zur Verfügung:
- ist eine spontane Ejakulation noch möglich und zeigt das Spermiogramm
ausreichend bewegliche Spermien, sollte eine Befruchtung auf natürlichem Weg (Geschlechtsverkehr) versucht werden und auch möglich sein. - ist die Spermaqualität gut, aber eine Spontanejakulation nicht mehr möglich, besteht die Möglichkeit einer Insemination. Dabei wird das frisch gewonnene Sperma während der Eisprungphase des Hormonzyklus in die Gebärmutter eingebracht. - ist die Spermaqualität eher schlecht, muss mit einer in-vitro-Fertilisation (IVF) oder einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) gearbeitet werden.
Eine Kryokonservierung (Einfrieren) von Spermien, selbst wenn dies bereits kurz
nach dem Unfall erfolgt, bringt keine signifikante Verbesserung der Samenqualität,
da dieser Vorgang selbst die Spermienqualität beeinträchtigen kann.
7 Urodynamische/Urologische Untersuchungen der Blase

Aus den verschiedenen Untersuchungsmöglichkeiten in der Neuro-Urologie werden
im Folgenden die wichtigsten erwähnt:
7.1 Cystomanogramm (CMG, Blasendruckmessung, Urodynamik)
Die Blasendruckmessung gibt Auskunft über den funktionellen Zustand der Blase
und das Zusammenspiel zwischen Blasenmuskel und Schliessmuskel.
Zusätzliche Röntgendokumentation während der Blasendruckmessung gibt
Aufschluss über die Blasenform und Lage sowie über einen evtl. vorhandenen Reflux
und dessen Ausprägung.
Häufig fliessen in die Auswertung der Blasendruckmessung auch die Resultate von
bereits durchgeführten oder noch ausstehenden neurophysiologischen Messungen
ein.
Generell sollen mit der Blasendruckmessung folgende Fragen beantwortet werden:
- liegt eine Blasenfunktionsstörung vor? Von welcher Art?
- wie gut speichert und entleert sich die Blase? Wie ist der Harnfluss?
- welcher Blasendruck und Sphinkterdruck entwickelt sich?
- wie ist das Zusammenspiel von Blasenmuskel (Detrusor) und Sphinkter?
- wie hoch ist der Restharn?
- woran liegt es, dass sich die Blase ev. nicht ausreichend gut entleert?
- sind bereits Schäden zu erkennen?
- wie ist die Beschaffenheit des oberen und unteren Harntraktes? Reflux?
Pseudodivertikel? Divertikel? 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 20 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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Durchführung: siehe dazu bitte die detaillierte Beschreibung in der CMG-
Patienteninformation der Neuro-Urologie Balgrist.
7.2 Eiswassertest und Carbacholtest
Um bei der Blasendruckmessung eindeutige Aussagen bezüglich der Blasenfunktion
machen zu können, sind häufig zusätzliche Provokationstests notwendig.
7.2.1 Der
Dieser Name ist leider etwas irreführend, da weder Wasser noch Eis bei diesem Test verwendet wird. Eingesetzt wird hingegen immer isotone (0.9%) Kochsalzlösung mit einer Temperatur von in der Regel 4°C. Der Test dient zur Differenzierung zwischen einer Blasenfunktionsstörung auf Grund einer Läsion des oberen oder des unteren motorischen Neurons: - bei einer Läsion des unteren motorischen Neurons (= akontraktile Blase) würde der Eiswassertest negativ ausfallen. D. h. die Harnblase zeigt keinen Anstieg des Detrusordruckes oder eine Kontraktion auf die Reizung mit kalter Kochsalzlösung. - Zeigt sich jedoch ein Druckanstieg des Detrusors von über 30 cm H2O, spricht man von einem positiven Eiswassertest und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Läsion des oberen motorischen Neurons vorliegt (= überaktiver Detrusor). Vorsicht: Dieser Test ist nicht 100% zuverlässig. Bei Harnwegsinfekt, DK-Trägern
oder auch bei Prostatahyperplasie kann es zu falsch positiven Ergebnissen kommen.
Daneben gibt es aber auch gelegentlich falsch negative Resultate.
Durchführung:
Nach dem CMG wird über einen Katheter sehr rasch (100 ml/min) die kalte
Kochsalzlösung in die Blase gefüllt. Meist werden durchschnittlich etwa 200 ml
eingefüllt, aber es kann je nach Blasenkapazität auch weniger sein. Die kalte
Kochsalzlösung wird nach der Füllung für etwa 2 Minuten in der Blase belassen.
Wichtig ist dabei auch die Frage nach der Kältesensibilität.
7.2.2 Der
Zeigt sich in vorherigen Untersuchungen eine akontraktile Harnblase und bestehen Zweifel an deren neurogener Ursache, kann mit dem Carbacholtest die Möglichkeit zwischen neurogener und myogener Schädigung differenziert werden. Durchführung: Nach urodynamischer Füllung der Blase werden 0.25 mg Carbachol (Doryl® - in der Schweiz nicht mehr erhältlich) oder Bethanechol (Myocholine-Glenwood®) subkutan injiziert. - zeigt sich nach etwa 20 Minuten ein Druckanstieg im Detrusor um mehr als 20 cm H2O, wird der Test als positiv bezeichnet und ist ein Hinweis dafür, dass sich die intramuralen cholinergen Ganglien beeinflussen lassen und die Muskulatur des Detrusors funktionsfähig ist. Dies spricht somit für eine neurogene Ursache (nervale Entkoppelung) der akontraktilen Blase. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 21 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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- Fällt der Test dagegen negativ aus (keine Erhöhung des Detrusordruckes), ist
dies ein Hinweis für eine myogene Schädigung (z. B. starke Überdehnung der Harnblase). 7.3 Miktionscystourethrogramm (MCU) Darunter versteht man eine Röntgenuntersuchung der Blase und Harnröhre bei Füllung mit Kontrastmittel und deren Entleerung. Dies ermöglicht eine morphologische Beurteilung der Blase, des Blasenverschlusses und der Nieren (Refluxbeurteilung), sowie des Schliessmuskels und der Harnröhre während des Wasserlassens (Miktion). Durchführung: Zuerst Füllung der Blase über einen Katheter (oder einer urodynamischen Druck-Messsonde) mit einer Kontrastmittellösung unter intermittierender Röntgendurchleuchtung. Anschliessend Entfernung des Katheters und willkürliche Entleerung der Blase unter fortlaufender Röntgendurchleuchtung. 7.4 Uroflowmetrie (Harnstrahlmessung) Die Durchführung einer Uroflowmetrie ist prinzipiell nur bei erhaltener willkürlicher Miktion möglich. Bestimmt wird dabei die entleerte Urinmenge pro Zeit (in ml/s). Zur Uroflowmetrie gehört die anschliessende Restharnmessung mittels Ultraschall oder Einmalkatheterismus. Da die Untersuchung rasch und einfach durchführbar ist, eignet sie sich ausgezeichnet als Screeninginstrument. Sie gibt Auskunft über die Blasenentleerungsphase, nicht aber über die Blasenspeicherphase. Bei einem auffälligen Befund, müssen meist weitere Untersuchungen (CMG, Zystoskopie) erfolgen, um das genaue Problem zu ermitteln. Möglich ist, dass ein einzelnes Uroflowmetrie-Resultat bei ungewohnter Messplatzsituation nicht immer die tatsächliche alltägliche Blasenfunktion widerspiegelt. In diesen Fällen müssen die Messungen wiederholt werden. Durchführung: Der Patient wird mit möglichst starkem Harndrang (= möglichst volle Blase) auf einen Uroflowmetrie-Messplatz (Toilette mit Messtrichter für Harnstrahl) gebracht und entleert dort seine Blase. Anschliessend wird der Restharn mittels Ultraschall gemessen. Um eine gute Aussagefähigkeit des Uroflows zu erhalten, muss die Harnblase ausreichend gefüllt sein und ein starker Harndrang bestehen. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 22 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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7.5 Intravenöse Pyelographie (IVP, Ausscheidungsurographie)
Beim IVP wird dem Patienten ein Kontrastmittel über eine Kurzinfusion verabreicht.
Das Kontrastmittel wird über die Nieren ausgeschieden, wodurch das
Nierenhohlsystem und die ableitenden Harnwege dargestellt werden.
Das IVP ermöglicht:
- Beurteilung der Nierenausscheidung (Seitendifferenz)
- Beurteilung des Nierenhohlsystems und der Harnleiter
- Erkennen von Steinen oder anderen Abflussbehinderungen
Durchführung:
1. Legen eines venösen Zugangs
2. Leeraufnahme
3. Infusion des Kontrastmittels
4. Aufnahmen in festgelegten Abständen (nach 5, 10, 15 etc. Minuten und
gegebenenfalls Spätaufnahmen) Diese Untersuchung wird mittlerweile seltener durchgeführt. Häufiger werden Schnittbildaufnahmen (CT, MRI) direkt durchgeführt, um mögliche Steine oder andere Abflusshindernisse zu entdecken. Die Untersuchungen sind meist genauer, unter Umständen schneller angefertigt und geben zusätzliche Informationen über Begleiterkrankungen im Bauchraum. 7.6 Urologischer Ultraschall (Sonographie der Nieren, Blase, Prostata, Ultraschall ist eine schmerzlose und nicht invasive Art der bildgebenden Untersuchung von Organen. Der Ultraschall gibt Auskunft über morphologische Struktur von Organen und daher nur indirekt Auskunft über mögliche funktionelle Eigenschaften. Eine Niere kann beispielsweise im Ultraschall völlig normal aussehen, aber trotzdem eine eingeschränkte Funktion haben. Ultraschall ermöglicht: - Beurteilung des Nierengewebes - Erkennen von Steinen - Erkennen einer Harnstauung - Messen des Restharns - Beurteilung der Blasenwand - Untersuchung der Hoden - Darstellung der Prostata (über spezielle Sonden) - Diagnostik betreffend Durchblutung der Hoden, der Nieren und des Penis (Doppler-Sonographie) 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 23 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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7.7 Zystoskopie (Blasenspiegelung)
Die Blasenspiegelung mittels Zystoskop (wird über die Harnröhre in die Harnblase
eingeführt ) ermöglicht mit Hilfe einer winzigen Kamera einen direkten Einblick in die
Harnblase und eine Beurteilung von Blasenwand, Harnleiteröffnungen, Blasenhals,
Prostata und Harnröhre.
Durch lokale Betäubung der Harnröhre mittels eines Gels bleibt die Untersuchung
relativ schmerzarm.
7.8 Urethrographie (Kontrastmitteldarstellung der Harnröhre)
Um die Harnröhre auf einem Röntgenbild erkennen zu können, wird sie mit einem
Kontrastmittel gefüllt. Dies geschieht mit einer dünnen Sonde, die nur ca. 1 bis 2 cm
in die Harnröhre eingeführt wird, oder mit einem speziellen olivenförmigen Aufsatz
auf die Injektionsspritze. Zunächst wird eine Aufnahme ohne Kontrastmittel gemacht
und anschliessend das Kontrastmittel in die Harnröhre injiziert. Dabei erfolgen
zeitgleich Röntgenaufnahmen, um den Verlauf der mit Kontrastmittel gefüllten
Harnröhre darzustellen.
Diese Untersuchung dient der Diagnostik von Verengungen (Strikturen) oder
anderen Hindernissen in der Harnröhre. Bei dieser wenig invasiven und nicht
schmerzhaften Untersuchung können auch sehr enge Strikturen erkannt und deren
Länge beurteilt werden.
Aus anatomischen Gründen findet die Urethrographie nur bei Männern Anwendung.
8 Beckenbodentraining

Prinzipiell ist das Beckenbodentraining eine hervorragende konservative
Therapiemethode, die zur Behandlung der Belastungsinkontinenz (Einnässen bei
körperlicher Aktivität: Springen, Husten, Niesen, Bücken, Treppensteigen, Laufen
und in sehr schweren Fällen auch in Ruhe) und teilweise auch zur Behandlung der
Dranginkontinenz (plötzlich einsetzender stärkster Harndrang, der zum Harnverlust
führt) eingesetzt werden kann und sollte. Vorraussetzung für ein Gelingen dieser
Therapie ist eine korrekte Anleitung zur Durchführung der Übungen von einer dafür
geschulten Physiotherapeutin.
Leider ist das Beckenbodentraining für viele querschnittgelähmte Patienten nur
selten eine sinnvolle Option, da auf Grund der Lähmung häufig eine willkürliche
motorische und sensorische Kontrolle des Beckenbodens fehlt.
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9 Medikamentöse
Therapien
Da verschiedene Ursachen bei einer Urininkontinenz eine Rolle spielen, werden auch unterschiedliche Medikamentengruppen therapeutisch eingesetzt. Für die Verwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit existieren in der Regel keine ausreichenden Erkenntnisse! 9.1 Zur Beruhigung der Blase (Detrusor-Sedierung) Bei überaktiver Blase mit imperativem Harndrang (bei eingeschränkter Sensibilität nicht unbedingt vorhanden), Dranginkontinenz oder häufiger Entleerung kleiner Urinmengen (Pollakisurie) werden vor allem Antimuskarinika (Anticholinergika) eingesetzt: Ditropan®, Lyrinel® (Oxybutynin)
Kentera®-Pflaster
Spasmo-Urgenin®
Detrusitol®
Vesicare®
Emselex®
Toviaz®
Typische Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, Verstopfungen und Schwierigkeiten mit der Sehschärfe. Nicht eingenommen sollten diese bei: Harnverhalt, Magenretention, schwerer Colitis ulcerosa, toxischem Megakolon, unbehandeltem Engwinkelglaukom, Myasthenia gravis. 9.2 Zur Aktivierung der Blase (Detrusor-Tonisierung) Bei hypo-/akontraktiler Blase oder Harnverhalt postoperativ: Myocholine-Glenwood® (Bethanechol)
Ubretid® (Distigmin)

Typische Nebenwirkungen: verlangsamter Herzschlag, Blutruckabfall, Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen. Nicht eingenommen sollten diese bei: Bromallergie (Ubretid®), starker Vagotonie, spastischen Zuständen des Magendarmtrakts, der Gallen- und Harnwege, bei Darmentzündung und Magenulkus, Asthma. Ebenso bei starker Hypotonie, verlangsamtem Herzschlag, dekompensierter Herzinsuffizienz, frischem Herzinfarkt, Schilddrüsenüberfunktion, Asthma bronchiale, Myotonie, Tetanie, Epilepsie, Morbus Parkinson, postoperativem Schock und Kreislaufstörungen. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 25 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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9.3 Zur Verbesserung des Harnabflusses
Eine Entspannung der glatten Muskulatur in der Harnröhre und Prostata (bei
gutartiger Prostatahyperplasie) wird durch die spezifischen Alpha–1-
Rezeptorenblocker erreicht.
Xatral® (Alfuzosin)
Pradif®,
Hytrin®
(Terazosin)
Typische Nebenwirkungen sind: Schwindel, orthostatische Hypotonie, Kopf-schmerzen. Kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegenüber Alpha-Blocker oder anderen Bestandteilen des Präparates und sehr schwerem Leberversagen. Im Weiteren sollen Alpha-Blocker bei tiefem Blutdruck mit Schwindelgefühl beim Aufstehen oder Stehen (orthostatische Hypotonie) nicht eingenommen werden. Vorsicht geboten ist bei blutdrucksenkenden Medikamenten und Patienten, die Auto fahren, Maschinen oder Kraftfahrzeuge steuern. 9.4 Zur Erhöhung des Tonus der glatten Muskulatur von Harnröhre und Blasenhals / Prostata Bei Belastungsinkontinenz, u. a. bei postmenopausalen Frauen: Kontexin® (Phenylpropanolamin)
Typische Nebenwirkungen: Nervosität und Schlaflosigkeit, Trockenheitsgefühl in Mund und Nase, Beschwerden beim Harnlassen und Gefühl einer nicht ausreichend entleerten Blase. Vorsicht bei Herz- und Gefässkrankheiten, Herzrhythmusstörungen, hohem Blutdruck, grünem Star, Prostatavergrösserung mit beginnendem Harnverhalten, Zuckerkrankheit sowie bei Nierenfunktionsstörung. 9.5 Zur Erhöhung von Tonus und Kontraktilität des Harnröhren - Bei Belastungsinkontinenz, u. a. bei postmenopausalen Frauen: Gutron® (Midodrin)
Typische Nebenwirkungen: Blutdruckanstieg, Juckreiz, Kribbelgefühl. Cymbalta® (Duloxetin)
Typische Nebenwirkungen: Übelkeit, Obstipation, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 26 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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9.6 Zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten
In einem sauren Urin verringert sich die Anfälligkeit für Harnwegsinfekte. Deshalb
prophylaktische Ansäuerung des Urins mit:
Acimethin® (Methionin)
Ein Anhaften der Bakterien an der Blasenschleimhaut wird verhindert durch die regelmässige Einnahme von: Preiselbeersaft, Preiselvit® Tbl (Cranberry)
D-Mannose
9.7 Zur Langzeitprophylaxe von Harnwegsinfekten In speziellen Fällen mit rezidivierenden Harnwegsinfekten können folgende Präparate zum Einsatz kommen: Urotractan® (Methenaminhippurat) = Harnantiseptikum
Urovaxom® = Immunstimulans, vergleichbar mit einer „Impfung"
9.8 Zur Behandlung therapieresistenter überaktiver Blase: Botulinumtoxin A Injektionen in den Detrusor Lässt sich eine Detrusorüberaktivität mit Antimuskarinika (Anticholinergika) (s. 9.1.) oder ein spastischer Schliessmuskel mit Alpha-Rezeptorenblocker (s. 9.3.) nicht ausreichend ruhigstellen, resp. eine Miktion oder der Katheterismus nur gegen hohen Widerstand ausführen, kann eine Behandlung mit Botulinumtoxin (Botox®, Dysport®) in Betracht gezogen werden. Hierbei werden unter Lokalanästhesie, Voll- oder Teilnarkose Botulinumtoxin-Einheiten in den Blasenmuskel (Detrusor) gespritzt. Dies bewirkt eine teilweise Lähmung des betroffenen Muskels, welche jedoch in der Regel nach 6 bis 8 Monaten wieder langsam nachlässt. Detailliertere Informationen zu Botulinumtoxin und die Anwendung bei der Detrusorüberaktivität finden Sie in der Botulinumtoxin-Patienteninformation der Neuro-Urologie Balgrist. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 27 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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10 Operative
Massnahmen

Neben den oben erwähnten konservativen, medikamentösen Massnahmen, kann je
nach Ausprägung der Symptomatik und Funktionsstörung des unteren Harntraktes
auch eine operative Therapie sinnvoll sein. In einigen Fällen muss sogar eine
operative Therapie durchgeführt werden, um weiteren Schaden für den Harntrakt
abzuwenden.
Es gibt eine Vielzahl von Operationen und zu jedem Eingriff bedarf es ausreichender
Informationen und einem intensiven Aufklärungsgespräch, um sich ein korrektes Bild
von der Operation selbst und dem zu erwartenden Erfolg machen zu können.
Aus Platzgründen können wir hier nur auf eine Auswahl an Operationen und deren
Anwendungsbereich verweisen.
10.1 Operationen zur Reduktion des Auslasswiderstandes

Ziel dieser Operationen ist es, den Auslasswiderstand in der Harnröhre so weit zu
senken, dass sich die Harnblase ohne grossen Druckaufbau entleeren kann. Die
Patienten brauchen daher nach diesen Operationen ein Kondomurinal. Die Blase
entleert sich dann einfach reflexartig oder durch Beklopfen des Unterbauchs
(Triggern).
Ein Katheterisieren ist meist nicht mehr nötig und entfällt. Für Patienten die gut mit
einem Kondomurinal zurechtkommen und auf das Katheterisieren verzichten
möchten, bzw. dies nicht einwandfrei durchführen können, bieten diese Operationen
in Kombination mit dem Kondomurinal eine bequeme Lösung zur Therapie der
überaktiven Harnblase mit Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie.
Da es noch kein zuverlässiges Pendant zum Kondomurinal für die Frau gibt, sind
diese Eingriffe eher für männliche Patienten geeignet.
Es gibt 3 verschiedene Eingriffe, die alle minimal invasiv mit dem Zystoskop
durchgeführt werden können:
- Sphinkterotomie: chirurgische Durchtrennung des Harnröhrenschliessmuskels
mittels endoskopischem Elektromesser. - Harnröhrenprothese oder -stent: im Bereich des Harnröhrenschliessmuskels
wird eine spiralförmige Metallröhre platziert, die den Bereich des Schliessmuskels ständig geöffnet hält, so dass eine Sphinkterkontraktion die Harnröhre nicht mehr verschliessen kann. - Blasenhalsinzision: chirurgische Erweiterung/Öffnung des Blasenhalses mit
dem endoskopischen Elektromesser. Dieser Eingriff wird eher seltener durchgeführt, da er eigentlich nur bei einer Blasenhalssklerose (Vernarbung) oder bei einer starken Dyssynergie notwendig ist.
10.2 Operationen zur Erhöhung des Auslasswiderstandes

Trotz Harnblase ohne Detrusorüberaktivität kann eine Belastungsinkontinenz
(Einnässen bei körperlicher Aktivität und in sehr schweren Fällen auch in Ruhe; dann
2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 28 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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Ausschluss einer Überlaufinkontinenz) bestehen. In diesem Fall kann eine operative
Erhöhung des Auslasswiderstandes notwendig sein:
- Injektion von Bulking-Agents in die Harnröhre: Bei leichter bis mittlerer
Belastungsinkontinenz können mittels Injektion dieses Mittels kleine Polster in der Wand der Harnröhre erzeugt werden, die einen relativen Verschluss bewirken. Die Durchführung des Selbstkatheterismus wird dadurch nicht beschränkt. - Implantation von periurethralen Ballons (Act, ProAct): Bei leichter bis mittlerer
Belastungsinkontinenz wird unter Durchleuchtung in einem minimal invasivem Eingriff auf jede Seite der Harnröhre möglichst auf Höhe des Schliessmuskels ein Ballon platziert. Dieser wird dann aufgefüllt und kann je nach Bedarf an Füllmenge nachjustiert werden. Der Druck der Ballone erzeugt einen relativen Verschluss oder eine Einengung der Harnröhre. - Implantation eines künstlichen Schliessmuskels: Bei mittlerer bis schwerer
Belastungsinkontinenz kann operativ eine Manschette um die Harnröhre gelegt werden, die über ein kleines hydraulisches Ventil mit einem Flüssigkeitsreservoir verbunden ist. Durch Betätigung des Ventils (untergebracht im Hodensack oder einer grossen Schamlippe) wird die Manschette geöffnet oder geschlossen.
10.3 Suburethrale Bandoperation (TVT / TOT)

Zur Therapie der Belastungsinkontinenz (besonders bei der Frau) kann, anstelle
einer Erhöhung des Auslasswiderstand (siehe oben), mittels operativem Einsetzen
von Bändern die anatomisch-funktionelle Konstellation zwischen Harnröhre und
Harnblase verbessert werden. Es bestehen grundsätzlich 2 Bandoperationen, die
sich bezüglich Einlage und Verlauf unterscheiden: TVT (tension-free vaginal tape)
und TOT (transobturator tape). Beide Methoden sind kurze, minimal invasive
Operationen, die dennoch viel Erfahrung und insbesondere eine korrekte
Indikationsstellung erfordern.
10.4
Operationen der unteren Harnwege zur Harnableitung bei
therapierefraktärer Detrusorüberaktivität

Diese Operationen kommen zum Zug, wenn bereits Folgeschäden des unteren oder
oberen Harntraktes auf Grund einer neurogenen Detrusorüberaktivität aufgetreten
sind (z. B. stark verdickte, inkontinente, kleinkapazitäre Harnblase; Rückfluss in die
Nieren) oder durch die Operation noch abgewendet werden können, andere
Therapien nicht möglich, kontraindiziert oder nicht ausreichend wirksam sind oder
der Patient eine langfristige nichtmedikamentöse Lösung wünscht.
Alle diese Operationen sind grössere Eingriffe, die eine Vollnarkose und einen meist
mehrtägigen bis mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt unumgänglich machen.
- Blasenaugmentation: Bei dieser Operation wird die Harnblase aufgeschnitten
und ein Stück Dünndarmwand in die eröffnete Blasenwand eingefügt. Dadurch vergrössert sich die Harnblase und durch die Durchtrennung des Blasenmuskels reduziert sich die Überaktivität / Kontraktilität. Meist wird vorher ein Grossteil des überaktiven Detrusors entfernt. Die Harnleiter und deren Eintritt in die Harnblase 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 29 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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bleiben bei dieser Operation erhalten. Ebenso die Verbindung von Harnblase und Harnröhre, über die weiterhin katheterisiert werden kann und soll. - Kontinente Vesikostomie nach Mitrofanoff: Bei dieser Operation geht es im
wesentlichen darum, einen neuen, besser erreichbaren und evtl. durchgängigeren Zugang zur Harnblase zu schaffen, über den die Blase per Selbstkatheterismus entleert werden kann. Dazu wird der Blinddarm zwischen Harnblase und Bauchnabel (Bauchnabelstoma) verpflanzt und der Patient kann via Bauchnabel die Harnblase katheterisieren. Sehr häufig wird diese Operation mit einer Augmentation kombiniert. - Kontinentes katheterisierbares Reservoir (Pouch = Beutel, Tasche): Nach
kompletter Entfernung der Harnblase wird aus Dünndarm (selten Dickdarm) ein Reservoir genäht, in das die Harnleiter neu eingepflanzt werden. Das Reservoir wird über den Bauchnabel nach aussen verbunden und kann dann darüber katheterisiert werden. - Neoblase (Ersatzblase): Auch hier wird die ursprüngliche Harnblase entfernt,
aus Darmanteilen ein Reservoir erstellt und die Harnleiter werden neu implantiert. Die Neoblase wird im Gegensatz zum kontinenten katheterisierbaren Reservoir an die ursprüngliche Harnröhre genäht, so dass der Urin über die Harnröhre entleert werden kann. Dies ist jedoch nur sinnvoll, wenn ein funktionierender Schliessmuskel und ein ausreichender Verschlussmechanismus vorhanden ist. Diese Operation wird meist nach Blasenentfernung wegen Blasenkrebs angewendet. - Ileum Conduit: Meistens wird auch hier die ursprüngliche Harnblase komplett
entfernt. Im Vergleich zum kontinentem katheterisierbarem Reservoir oder zur Neoblase ist diese Operation einfacher durchzuführen und dauert weniger lang. Es wird ein kurzes Stück Dünndarm in die Bauchhaut (Urostoma, künstlicher Urinausgang) eingenäht, wobei das innere Ende dieses Dünndarmabschnittes verschlossen und die Harnleiter neu implantiert werden. So läuft der Urin aus den Harnleitern in den ausgeschalteten Dünndarmabschnitt und von da nach aussen über die Haut ab. An der Austrittsstelle muss ein Stomabeutel angeklebt werden.
10.5 Neurostimulation oder Neuromodulation

10.5.1 Sakrale Deafferentierung mit Implantation eines Vorderwurzelstimulators
(nach Brindley):
Hier werden die Hinterwurzeln der Kreuzbeinnerven (S2-S4) durchtrennt. Dadurch
wird der spinale Reflexbogen, welcher bei Läsion vom Typ oberes motorisches
Neuron zum überaktiven Detrusor führt, ausgeschaltet. Damit gehen leider auch
sämtliche (evtl. noch vorhandene) Sensibilität im Bereich des Beckenbodens und der
Genitalien sowie Reflexerektionen verloren.
Um die entsprechenden Vorderwurzeln werden anschliessend Elektroden gelegt und
mit einem Neurostimulator verbunden, welcher in das Fettgewebe der Unterhaut des
Bauches zu liegen kommt. Mittels einer Steuerungseinheit, die von aussen an den
eingepflanzten Stimulator gehalten wird, kann dieser gesteuert werden.
Die Blasenentleerung erfolgt nun durch wiederholte Stimulation in mehreren (5 bis
10) Einzelschritten. Diese Technik findet häufig Anwendung bei Patienten mit hoher
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Querschnittlähmung (Tetraplegie) mit schlechter oder fehlender Handfunktion. Für
einige Patienten, die sich gut selber katheterisieren können, ist gelegentlich auch nur
die sakrale Deafferentierung ohne Implantation eines Neurostimulators eine
Therapieoption zur Unterbindung einer neurogenen Detrusorüberaktivität.
10.5.2 Sakrale Neuromodulation:
Bei dieser Operation werden keine Nervenwurzeln durchtrennt, sondern lediglich
durch einen kleinen Eingriff ein- oder beidseitig Stimulationselektroden an die
Nervenwurzeln S2-S4 gelegt und mit einem impulserzeugenden Stimulator
verbunden. Durch das externe Steuergerät erfolgt mittels Neuromodulation ein
positiver Einfluss auf die Nervensteuerung des unteren Harntraktes. Vorgängig zum
Einsetzen des definitiven Stimulators wird über Tage bis Wochen mit einem externen
Teststimulator die Effektivität der Behandlung überprüft.
Mit der sakralen Neuromodulation können Patienten mit Blasenentleerungsstörung,
mit überaktiver Blase oder mit einer Kombination von Blasenentleerungsstörung und
überaktiver Blase behandelt werden.
10.5.3 Pudendusstimulation:
Zur Therapie der überaktiven Blase stehen neben der antimuskarinergen
(anticholinergen) Therapie auch nicht invasive Elektrostimulationsverfahren zur
Verfügung. Durch Stimulation des Nervus pudendus mittels Elektroden erreicht man
über eine Verschaltung mit anderen Nervenbahnen eine Ruhigstellung des
Blasenmuskels. Während der Stimulation wird ein schwacher Stromimpuls über eine
Elektrode im Penis (Ringelektroden) oder an der Klitoris (Klippelektroden)
abgegeben. Dieser Stromimpuls aktiviert wiederum Nervenbahnen, die ihrerseits den
Blasenmuskel hemmen. Diese Behandlung wird zweimal täglich für zwanzig Minuten
durchgeführt ist schmerzlos und nebenwirkungsarm.
Sollte sich die überaktive Blase also nicht durch Medikamente ruhigstellen lassen, ist
dies eine alternative Therapieoption ohne Notwendigkeit einer Operation.
2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 31 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11 Anhang
11.1 Katheterisieren bei Männern durch Drittpersonen (aseptisch)

Material:

• Katheterset (Pinzette, Schale, Urinbeutel, Gazetupfer, Kompressen 10 x 10 cm, Schlitztuch) und sterile Handschuhe • z. B. SafetyCat®) SpeediCath® • Gleitmittel: Instillagel® / Endosmed® • Desinfektionsmittel • (ev. steriler Schutzkittel bei offener Ableitung) Praktisches Vorgehen beim Einmalkatheterisieren: 1. Patientin informieren und Intimsphäre schützen 2. Hände waschen und desinfizieren 3. Auspacken des Kathetersets, Katheterverpackung öffnen und auf sterile Fläche legen. Gleitmittel auspacken und auf der sterilen Fläche platzieren 4. Desinfektionsmittel in die Schale mit Tupfern eingiessen 5. Sterile Handschuhe anziehen 6. Katheter und Urinbeutel verbinden 7. Schlitztuch über Penis ausbreiten. Kompresse um Penis legen und Vorhaut zurückstreifen. Desinfektion der Glans/Harnröhrenöffnung, in dem mit einzelnen Tupfern nach aseptischem Prinzip mit Pinzette gereinigt wird 8. Instillagel® / Endosmed® in die Harnröhre instillieren, ca. 5 Min. wirken lassen 9. Katheter am hinteren Drittel fassen 10. Penis mit der Hand halten, Katheter einführen. Der Urinbeutel soll sich unter dem Blasenniveau befinden und aus hygienischen Gründen nicht auf den Boden gelegt werden 11. Um die Blase möglichst leer zu bekommen, Katheter zentimeterweise bis zur vollständigen Blasenentleerung zurückziehen 12. Katheter abklemmen und langsam aus der Urethra herausziehen (nicht unter Sog wegen Verletzungsgefahr der Urethraschleimhaut) 13. Katheter vom Urinbeutel lösen und in den Abfallsack geben 14. Urinbeutel verschliessen (Knopf in Schlauch des Urinbeutels) 15. Gleitmittelreste und Desinfektionsrückstände abwaschen. Vorhaut nach vorne schieben, da sonst eine Paraphimose (Einklemmen der Vorhaut) auftreten kann 16. Patient zudecken 17. Urinbeutel an Federwaage hängen und Menge ablesen (davon 20 mg für das Gewicht des Urinbeutels abziehen), Menge auf Bilanzblatt eintragen 18. Material entsorgen, Arbeitsfläche desinfizieren 19. Hände desinfizieren 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 32 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.2 Katheterisieren bei Frauen durch Drittpersonen (aseptisch)
Material:

• Katheterset (Pinzette, Schale, Urinbeutel, Gazetupfer, Kompressen 10 x 10 cm, Vierecktuch) und sterile Handschuhe • z. B. SafetyCat® SpeediCath® • Desinfektionsmittel • (ev. steriler Schutzkittel bei offener Ableitung) Praktisches Vorgehen beim Einmalkatheterisieren: 1. Patientin infomieren und Intimsphäre schützen 2. Hände waschen und desinfizieren 1. Auspacken des Kathetersets, Katheterverpackung öffnen und auf sterile 2. Desinfektionsmittel in die Schale mit den Tupfern eingiessen 3. Beine der Patientin leicht spreizen 4. Sterile Handschuhe anziehen 5. Katheter mit Urinbeutel verbinden 6. Vierecktuch entfalten, zwischen die Oberschenkel legen, leicht unter das Gesäss schieben 9. Mit einer Hand Schamlippen spreizen, mit der anderen desinfizieren. Jeden Tupfer mit Pinzette halten und nur einmal gebrauchen (Richtung von Symphyse weg zum Anus). Die Schamlippen bleiben kontinuierlich gespreizt, bis der Katheter in der Blase liegt. Mit 1. und 2. Tupfer: grosse Schamlippen rechts und links, mit 3. und 4. Tupfer: kleine Schamlippen rechts und links mit 5. Tupfer: Desinfektion der Urethraöffnung 10. Katheter in die Urethra einführen. Der Urinbeutel soll sich unter dem Blasenniveau befinden und aus hygienischen Gründen nicht auf den Boden gelegt werden 11. Um die Blase möglichst leer zu bekommen, Katheter zentimeterweise bis zur vollständigen Blasenentleerung zurückziehen 12. Katheter abklemmen und langsam aus der Urethra herausziehen (nicht unter Sog wegen Verletzungsgefahr der Urethraschleimhaut) 13. Katheter von Urinbeutel lösen und in den Abfallsack geben 14. Urinbeutel verschliessen (Knopf in Schlauch des Urinbeutels) 15. Intimgegend waschen um Rückstände des Desinfektionsmittels zu entfernen 16. Patientin zudecken 17. Urinbeutel an Federwaage hängen und Urinmenge ablesen (davon 20 mg für das Gewicht des Urinbeutels abziehen) und auf Bilanzblatt eintragen 18. Material entsorgen und Arbeitsfläche desinfizieren 19. Hände desinfizieren 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 33 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.3 Selbstkatheterismus der Männer (aseptisch)
Material:
(SpeediCath® beschichtet; SafetyCat® unbeschichtet) • Urinsack • Abfallsack • Desinfektionsmittel • Waschtüchlein • Bei Bedarf: anästhesierendes Gleitmittel bei unbeschichteten Kathetern (wenn Patient Sensibilität hat oder Schmerzen verspürt) Praktisches Vorgehen beim Einmalkatheterisieren: 1. Hände gründlich waschen 2. Katheterverpackung öffnen, Urinbeutel anschliessen 3. (Verpackung der Pinzette öffnen, falls benötigt) 4. Desinfektionsmittel auf sterile Gaze 5. Hände desinfizieren 6. Vorhaut zurückstreifen 7. Penis desinfizieren (Reinigen Richtung Harnröhre; Hand bleibt an Ort) 8. Katheter aus der Packung nehmen am letzten Drittel fassen (ev. mit Pinzette) 9. Penis weiter mit einer Hand halten, mit der anderen den Katheter langsam einführen. Der Urinbeutel soll sich unter Blasenniveau befinden und aus hygienischen Gründen nicht auf den Boden gelegt werden 10. Um die Blase möglichst leer zu bekommen, Katheter zentimeterweise bis zur vollständigen Blasenentleerung zurückziehen 11. Katheter abklemmen und langsam aus der Urethra herausziehen (nicht unter Sog wegen Verletzungsgefahr der Urethraschleimhaut) 12. Katheter vom Urinbeutel lösen und in den Abfallsack geben 13. Urinbeutel verschliessen (Knopf in Schlauch des Urinbeutels) 14. Penis waschen und Vorhaut nach vorne schieben 15. Material entsorgen Beim Katheterisieren auf der Toilette: Urin direkt abfliessen lassen
Anmerkung beim Erlernen des SK (Selbstkatheterismus):
Dem Patienten müssen verschiedene Katheter vorgestellt werden, damit sie sehen,
mit welchem sie am besten zurechtkommen.


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11.4 Selbstkatheterismus der Frauen (aseptisch)
Material:

• Katheter (z. B. SpeediCath®) • Urinsack • Desinfektionsmittel • Spiegel; bei SK auf Toilette spezieller „Beinspiegel" • Waschtüchlein Praktisches Vorgehen beim Einmalkatheterisieren: 1. Hände gründlich waschen 2. Beine spreizen und Spiegel richten 3. Katheterverpackung öffnen, Urinbeutel anschliessen 4. Desinfektionsmittel auf sterile Gaze 5. Hände desinfizieren 6. Schamlippen mit einer Hand weit spreizen (es ist darauf zu achten, dass die Hand nun während des ganzen Katheterismus die einmal gewählte Position nicht mehr verändern darf) 7. Mit der anderen Hand die Harnröhrenöffnung desinfizieren (jeden Tupfer nur einmal gebrauchen) von oben nach unten (resp. vorne nach hinten) 8. Katheter am letzten Drittel fassen und langsam einführen. Der Urinbeutel soll sich unter dem Blasenniveau befinden und aus hygienischen Gründen nicht auf den Boden gelegt werden 9. Um die Blase möglichst leer zu bekommen, Katheter zentimeterweise bis zur vollständigen Blasenentleerung zurückziehen 10. Katheter abklemmen und langsam aus der Urethra herausziehen (nicht unter Sog wegen Verletzungsgefahr der Urethraschleimhaut) 11. Katheter vom Urinbeutel lösen und in Abfallsack geben 12. Urinbeutel verschliessen (Knopf in Schlauch des Urinbeutels) 13. Intimgegend waschen, um Rückstände des Desinfektionsmittels zu entfernen 14. Material entsorgen Beim Katheterisieren auf der Toilette: Urin direkt abfliessen lassen Anmerkung beim Erlernen des SK (Selbstkatheterismus): Dem Patienten müssen verschiedene Katheter vorgestellt werden, damit sie sehen, mit welchem sie am besten zurechtkommen. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 35 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.5 Verbandwechsel beim suprapubischen Katheter (Cystofix®)
Material:

Desinfektionsmittel für die Haut (z. B. Betadine® oder Prontosan) • Sterile • Dressing set = 2 Sterile Gazetupfer 5 x 5 cm • 1 eingeschnittener steriler Telfatupfer 6 x 7 cm • Mefix® oder hautfreundliches Pflaster Praktisches Vorgehen beim Verbandwechsel des suprapubischen Katheters: 2. Alter Verband mit unsterilen Handschuhen entfernen 3. Allenfalls Schambehaarung um die Einstichstelle nachrasieren 4. Einstichstelle reinigen mit Prontosan/Ringerlösung 5. Desinfizieren mit Betadine® flüssig / Prontosan bei gereizter oder geröteter 6. Dressing set = 1 eingeschnittene Gaze (glänzende Seite auf die Haut) um die Einstichstelle legen. Sterile Tupfer obenauf 7. Mefix® -Verband anlegen (bei Mefixunverträglichkeit hautfreundliche Pflaster 8. Datum des Verbandwechsels auf das Pflaster schreiben Verbandwechsel bei gereizter und / oder geröteter Einstichstelle täglich, ansonsten jeden 2. - 3. Tag. Suprapubische Katheter sollten alle 6 Wochen gewechselt werden. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 36 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.6 Dauerkatheterpflege
Die konsequente Pflege des DK ist eine wichtige Vorbeugemassnahme um u. a.
Entzündungen der Blase zu vermeiden
Durchführung:
• 1x täglich Katheter äusserlich reinigen; austretenden Schleim aus der Urethra in Richtung zum Katheterkonus entfernen (es reichen Wasser und Seife) Katheterfixation 11.7 Katheterfixation In der Regel ist keine Katheterfixation nötig! In Ausnahmefällen erfolgt auf ärztliche Verordnung eine Katheterfixation mit folgenden Zielen: 1. kontinuierlicher Abfluss des Urins 2. Vermeidung von Zug am Katheter 3. Verhinderung von Druckstellen Ad 1. Ein kontinuierlicher Abfluss des Urins ist wichtig, um einen Urinstau und Rückfluss zu vermeiden und somit Blasenentzündungen zu verhindern. Deshalb soll darauf geachtet wird, dass die Fliessrichtung des Schlauchs immer abwärts geht. Der Urinbeutel sollte somit immer tiefer als die Blase gehängt werden. Ad 2. Durch Zug am Katheter, könnten Druckschäden am Blasenhals entstehen. Ad 3. Durch eine falsche Lagerung des Penis wird der Katheter in den zwei grossen Urethrakurven an die Urethra - Innenwand gedrückt. Der permanente Druck kann zu Schleimhautdefekten führen, aus denen ein Abszess oder Decubitus entsteht.
11.7.1 Katheterfixation bei der Frau:

Der Katheter wird so an der Innenseite des Schenkels befestigt, dass er senkrecht aus der
Harnröhrenmündung austritt. Mit Klebstreifen den Katheter voll umschliessen, ein „Brüggli"
machen und an der Haut befestigen.
Damit wird erreicht, dass ein kurzfristiger Zug am Katheter aufgefangen wird.
11.7.2 Katheterfixation beim Mann:
Bei Bettruhe: • Der Penis wird mit einer Kompresse 10 x 10 cm umwickelt. • Kompresse mit Klebeband an der Bauchdecke befestigen. • Den Katheter mit Klebstreifen voll umschliessen, ein „Brüggli" machen und an der Bauchdecke befestigen. • Der Katheter soll in gerader Linie aus der Urethra herausführen. Beim mobilen Patienten:
• Der Penis wird nicht fixiert.
• Bei Bedarf wird mit ausreichend grossem Spielraum für die Katheter- Penisbewegung ein „Brüggli" am Oberschenkel zwischen Penis und Urinbeutel angelegt. 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 37 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.8 Die gebräuchlichsten Katheter® und Gleitmittel® im Zentrum für
Paraplegie Balgrist
11.8.1 Dauerkatheter

Dauerkatheter Latex
übergangsweise, z. B. bei Operationen Dauerkatheter Silikon für längere Liegedauer; zu wechseln ca. alle 6 Wochen Die angegebenen Katheter sind nur Beispiele von Pro- selbstverständlich
Suprapubischer Dauerkatheter (Cystofix): Porgès, resp. Supra
11.8.2 Einmalkatheter ohne Gleitmittel
Einmalkatheter SafetyCat ®
Gleitmittel extra dazu für Männer Einmalkatheter IQ Cath ® hydrophil beschichtet
11.8.3 Einmalkatheter mit integriertem Gleitmittel

Einmalkatheter EasiCath ®
mit integrierter Gleitschicht. Wenn nötig extra Gleitmittel Einmalkatheter Lofric ® Gleitschicht entwickelt sich bei Kontakt mit Flüssigkeit Einmalkatheter SpeediCath ® / SpeediCath ® Compact / SpeediCath ® Compact male beschichteter
11.8.4 Einmalkathetersets

EasyCath ® Set
Urinbeutel mit integriertem, beschichtetem Instantcath Protect ® Urinbeutel mit integriertem Einmalkatheter und mit integriertem Sterilwasserspender und Einmalkatheter
11.8.5 Gleitmittel

Instillagel ®
mit Lidocain zur lokalen Anästhesie 2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 38 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

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11.9 Nervenversorgung der Blase

2010 Zentrum für Paraplegie, Uniklinik Balgrist, 8008 Zürich Blasenrehabilitation Seite 39 Jsabella FREI und Jörg HENAUER

Source: http://balgrist.stage.futurecom.info/Portaldata/1/Resources/_files/paraplegikerzentrum/340.20.03_AL_Blasenrehabilitation.pdf

Ube aromatic sf5 derivatives

Aug, 2012 Aromatic SF5 Derivatives Prepared in High Yield via Highly Versatile & Cost Competitive Methods Contact: [email protected] UBE Aromatic SF5 compounds are expected to be useful as BUILDING BLOCKS for pharmaceutical agents, pesticides, liquid crystals,

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written for dentists, dental hygienists, and assistants. Part I: Quelling Cold Sores and Written by Jacalyn Neceskas, PharmD, BCPS; Stacie Moore, PharmD; Susan Goodin, PharmD, FCCP, BCOPPart I I: Relieving Xerostomia Written by Fiona M. Collins, BDS, MBA, MA A Peer-Reviewed Publication Published: August 2010