Wie komme ich am einfachsten zum Base Camp? (fm) In die Arme schliessen werde ich ihn und ihm sagen, dass ich mich schon lange nicht mehr so gefreut habe, ihn zu sehen. Seit knapp 20 Jahren kenne ich ihn nun, seit damals im Marzili, als ich ihn angehauen habe, ob er mich nicht mal zum Klettern mitnehme. Nachdem ich all die Räubergeschichten über ihn gehört habe: abgestürzt am Mönch mit dem Gleitschirm, an einem Felssporn mit dem Schirm hängengeblieben, gleich wieder hochgeklettert, den Schirm ausgebreitet und gleich wieder springen wol end, fal s nicht von einem Beobachter aufgehalten; alleine die Eigernordwand hoch in 7 Stunden; ein andermal am Eiger abgestürzt und beide Füsse gebrochen; mit der Thermik erneut am Gleitschirm in die Höhe getrieben und nur durch Hochklettern an den Seilen und Zusammenfalten des Schirms in freiem Flug wieder nach unten kommend. Item, wie auch immer, wir gingen klettern in den Leen ob Interlaken, ich blutiger Anfänger in einem Gebiet mit Schwierigkeitsgraden von 7a aufwärts. So ein Arsch, und doch: ich kam hoch, Top Rope zwar, aber das richtige Klettern spürte ich vom ersten Mal an. Wieso immer nach Konventionen gehen. Nun seither war ich oft mit Mischu in den Bergen und immer wieder kam der Moment, wo ich mir weniger zutraute und durch Mischus Motivation doch weiterkam. Eine Wildsau, sagen al e, was, mit dem wil st Du nun auf einen 8-Tausender? Schpinnsch im Gring? Und doch, gerade deswegen, weil ich oft mit ihm in den Bergen war und ihn kennengelernt habe als Motivator, aber v.a. als Bremser in den entscheidenden Situationen, wo ich noch weitergegangen wäre, er aber zum Rückzug blies. Zu gefährlich. Wenn ich mit einem mitgehe, dann mit DEM, klar doch. Wenn der mir sagt, Du kannst das, dann vertraue ich ihm. Ausserdem war es schon immer ein Traum von mir, auf einer Expedition irgendwelcher Art beruflich dabei zu sein, sei es als Filmer oder als Arzt. Nun kam ich als beides. So, genug Sülze, genug Hungg um Mischus Mund gestrichen. Jetzt sass ich al eine auf der Yakkartha, einer steilen Alp 3900 müM, 1200 m über Marpha, wo wir gestern Richtung Basislager losgezogen waren. 16:30h, knapp 2h vor dem Eindunkeln, Nieselregen, Nebel, arschkalt, mein Kopfweh nur noch im 1/2-Minuten- Takt pochend, die starke Uebelkeit ausgetauscht mit Hunger. Nichts dabei. Keinen Schlafsack, kein Zelt, keine wärmeren Kleider, kein Geld, kein Tee. Plötzlich stand der Geisshirte, dessen Rufe ich durch den Nebel gehört hatte, vor mir. Geh runter, befahl er mir mit eindeutiger nonverbaler Kommunikation. Aber scheisse, ich warte doch auf den Porter, kann doch nicht einfach runter. Geh, bedeutete er mir erneut, kein Porter in Sicht. Tatsächlich, noch immer kein Träger in Sicht, auch wenn ich seit einer Stunde an den steilen Alphang starrte. Ich machte ihm verständlich, er sol e dem Träger ausrichten, ich sei nach Marpha abgestiegen, ins Guesthouse Snow Leopard. Und zack, weg war ich, mit erstaunlich leichten Schritten nach 600 Höhenmetern Aufstieg am Morgen, schlimmstem Kopfweh (9.5 von 10 auf einer Skala von 1-10) und ohnmächtigem Apfel- Kotzen am Mittag und Abstieg von mittlerweilen 1000 Höhenmetern mit der absoluten Ungewissheit im Kopf, wie's jetzt weitergehen sol . Auf der Höhe war ich doch schon. 4800 müM. Nur noch eine etwa 1.5-stündige Traverse bis zum 2. Trekking-Lager hätte ich überwinden müssen, dann nur das Zelt aufstellen und ohne Znacht ins Bett. Wieder ohne Znacht ins Bett. Schon am Vorabend hatte ich erbrochen und lag mit Kopfschmerzen schlimmer als jede selbst erlebte Migräne im Schlafsack, dies im ersten Lager auf 4200 müM. Am nächsten Morgen ging es mir erneut gut, etwas zittrig viel eicht, aber nicht schlecht genug, um die ganze Truppe von 6 Expeditionsteilnehmern, 3 Sherpas, ca. 20 Trägern und nochmal sovielen Mulis aufzuhalten. Klar, im Nachhinein: ich hätte insistieren sollen. Das Aufstiegsprofil war einfach zu brutal, das wusste ich, hatte ich doch in den Höhenmedizinkursen gelernt. Kathmandu (1300 müM, 2 Tage), Pokhara (900 müM, 1 Tag), Jomosom und Marpha (mit dem Flugzeug, 2720 müM, 1 Tag) und dann direkt die Yak-Alp (4200 müM) und am Folgetag das 2. Lager unter dem Dampush-Pass auf 4900 müM. Wider jegliche Regeln der Akklimatisierung. Ich hatte es erwähnt, aber eben, ich kannte ja nur die Theorie, war noch nie über 5000 m und das auch nicht richtig (Tagesausflug nach Chacaltaya in Bolivien), ansonsten nur in den Alpen unterwegs. Und es funktionierte ja auch, für al e – ausser für mich, und: für einen Träger, wie ich mitbekommen hatte. Der war mit Symptomen einer akuten Höhenkrankheit (AMS: acute mountain sickness), die bei starken Symptomen nahe an einem HACE (high altitude cerebral edema) liegt am Vormittag nach Marpha abgestiegen.